Mit den Hirten will ich gehen
Heiligabendgottesdienst am 24.12.2005

"Mit den Hirten will ich gehen, meinen Heiland zu besehen, meinen lieben heil´gen Christ, der für mich geboren ist."

Die Hirten waren bei der Nachtschicht. Es war ihr Alltagsgeschäft, auf die Schafe aufzupassen. Bei Nacht lauerten Gefahren für die Tiere, doch ließ es sich sicher nicht verhindern, dass die Hirten auch hin und wieder vor sich hin dösten. Nebenan wurde der Retter der Welt geboren, sie verpassten das bei ihrem Alltagsgeschäft. Sie brauchten ein göttliches Wachrütteln, das Licht Gottes, die Klarheit des Herrn, um sie herauszureißen aus dem Dämmerzustand. Ihr Leben sollten sie in neuem Licht sehen.

Die erste Weihnachtspredigt wurde damals auf dem Feld den Hirten gehalten und sie begann mit drei wegweisenden Worten: "Fürchtet euch nicht!" Darin steckt die ganze Weihnachtsbotschaft. Gott sucht Menschen, weil er sie liebt. Er hebt die Schranke der Schuld und Scham auf. Es ist Gottes Initiative, dass er einen neuen Anfang macht und als Liebender den Menschen in den Weg tritt.

Die Hirten antworteten auf diese Predigt mit einem Dauerlauf. "Eilends" liefen sie nach Bethlehem. Sie ließen sich das Angebot Gottes nicht zweimal machen. Sie nutzen das Licht, um ihren Weg zu Jesus zu gehen. Merkwürdig, dass sie nicht erst darüber diskutierten, ob sie die Schafe allein lassen konnten, ob sie erst Ersatz für sich suchen sollten und ob die Botschaft der Engel wirklich so dringend war, dass nicht Zeit war bis zum nächsten Morgen, wenn Schichtwechsel war.

Mit den Hirten stehen wir heute auf unseren Tätigkeitsfeldern. Wir hüten keine Schafe, aber sind genauso beschäftigt. Merken wir in unserem Alltag, dass der Retter, Jesus, längst geboren ist? Wir brauchen wie die Hirten das göttliche Wachrütteln, das Licht von Gott, die Begegnung mit seinen Boten. Wir brauchen die Weihnachtspredigt für unser Leben: "Fürchtet euch nicht!" Wir spüren die Last unserer Sorgen und Ängste, vielleicht auch gerade nachts, wenn wir in Gedanken die Probleme wälzen. Da spricht Gott uns zu, dass er diese Lasten kennt, aber sie uns nicht länger ängstigen müssen. Ein neuer Weg wird aufgetan, wir sind eingeladen, uns auf Jesus einzulassen. So kann unsere Antwort nur heißen, dass auch wir uns eilends aufmachen, um zur Krippe zu laufen, solange der Weg noch von dem weihnachtlichen Licht beschienen wird.

Jesus ist zu finden, zum Beispiel in der Bibel, beim Lesen nicht nur der Weihnachtsgeschichte, sondern auch den folgenden Kapiteln. Jesus tritt aus dem alten Buch heraus und hält uns die Weihnachtspredigt, indem er die ersten drei Worte "Fürchtet euch nicht!" auslegt.

Die Hirten damals haben das Angebot angenommen. Sie begegneten Jesus und eine bemerkenswerte Verwandlung ging mit ihnen vor. Aus den dunklen Hirten wurden begeisterte Pastoren, die auf ihre Felder zurück kehrten und den Menschen in ihrer Umgebung die Weihnachtsbotschaft weitergaben: Jesus ist geboren. Fürchtet euch nicht, der Retter ist da!

Wird Weihnachten auch aus uns Pastoren und Pastorinnen machen, die die Nächte anderer erhellen?
 

"Mit den Engeln will ich singen, Gott zur Ehre soll es klingen, von dem Frieden, den er gibt, jedem Herzen, das ihn liebt."

Der Botschafter Gottes kam zu Fuß, er trat in der Nacht neben die Hirten. Die Hirten wurden nicht mit Megaphonen beschallt, sie wurden nicht gezwungen, auf den Engel zu hören. Es war ihre Entscheidung, ihm die Ohren und das Herz zu öffnen. Der Engel teilte ihnen mit, warum sie sich nicht zu fürchten brauchten. Weil der Retter geboren wurde, konnten sich alle freuen. Eine alte Verheißung wurde eingelöst, ein Kind aus der Familie Davids würde Licht in diese Welt bringen. Der Bote Gottes beglaubigte die Ankündigung. Gott steht zu seinem Wort. Er ist verlässlich und vertrauenswürdig.

Der Botschafter Gottes übersetzt auch heute das Weihnachtsgeschehen. Es geht darum, dass Gott in seinem Sohn Jesus Christus uns sein Angesicht zuwendet. Er zeigt uns seine Liebe, sein Erbarmen und seine Sehnsucht nach Menschen, die ihm vertrauen. Er kommt nicht mit Marketingstrategien oder Gewalt, sondern als schutzloses Kind, das auf unsere Liebe angewiesen ist. Er knüpft mit uns an unserer sensibelsten Stelle an.

Der himmlische Chor singt daraufhin ein Lied, das die Konsequenzen dieses Rettungsmanövers aufzeigt. Wer von Jesus ergriffen ist, räumt ihm die erste Priorität ein. Er gibt Gott die Ehre und lässt unter dem Weihnachtsbaum Platz für das Geschenk der Rettung. Mit Jesus im Herzen kann Friede werden. Gott ist nicht länger ein fernes Wesen, unbeweisbar, abstrakt, strafend oder desinteressiert, sondern ein lebendiges Du, das an meinem Leben teilnimmt. Nichts trennt mehr von ihm. Der Friede mit Gott wirkt sich aus im Frieden auf Erden. Mit Gott versöhnt können wir uns versöhnen und immer wieder Schritte aufeinander zu gehen.

Die Weihnachtsbotschaft widerspricht jeder Art von Fanatismus. Gott kommt in unser Leben, wir sind die Beschenkten und Empfangenden. Wir können nur zu Fuß zu den Menschen gehen, sie nicht zwingen, die Botschaft zu hören. Gott kommt in einem hilflosen Säugling, wir haben keine andere Möglichkeit, als mit Liebe für Jesus zu werben.

Die Engel laden uns ein, im Weihnachtschor mitzusingen. Unser Lied gibt weiter: "Fürchte dich nicht! Mache dich auf den Weg, gib Gott die Ehre und lebe in seinem Frieden!"
 

"Mit den Weisen will ich geben, was ich Höchstes hab im Leben, geb zu seligem Gewinn, ihm das Leben selber hin."

Wissenschaftler erforschten die Welt, wie sie funktioniert. Sie waren neugierig und sich stets bewusst, dass sie immer Neues lernen mussten. Damit brachten diese Astronomen aus dem Osten ganz entscheidende Voraussetzungen mit, um zum Weihnachtsfest dazuzustoßen.Mit den Hirten will ich gehen

Im Gegensatz zu den Weisen aus dem Morgenland wusste König Herodes sehr genau, wie die Welt auszusehen hatte. Er wusste um seine Führungsposition und räumte alles beiseite, das ihr gefährlich werden konnte bis zum Kindermord in Bethlehem. Er war am gleichen Ort zur gleichen Zeit wie die Wissenschaftler, doch er blieb, wo er war, weil er meinte, alles schon zu wissen. Für ihn wurde es nicht Weihnachten, er blieb außen vor.

Die Gelehrten allerdings, die offen für Neues waren, wurden von Jesus gefunden. Statt selbst auf dem Lehrstuhl für Astronomie zu sitzen, saß der neugeborene Jesus auf dem Lehrstuhl, die Lehrer wurden zu Schülern, die auf die Knie fielen, um sich vor Jesus möglichst klein zu machen. An der Krippe in Bethlehem ging es für sie nicht mehr darum selbst zu begreifen, sondern ergriffen zu werden. Sie lernten, dass Jesus für sie geboren wurde, um sie zu heilen und aufzunehmen in die Gemeinschaft des Volkes Gottes, zu dem sie noch nicht gehörten.

Als Ergriffene stellten sie sich Jesus zur Verfügung. Sie brachten ihm Geschenke, die vielleicht Symbolwert hatten. Das Gold stand für den König, der Weihrauch für Gott, die Myrrhe für den Kreuzestod, mit dem Jesus die Rettung vollziehen würde. Im Geschehen am Anfang des Lebens Jesu schwingt seine ganze Geschichte mit. Der Säugling wuchs heran zu Jesus von Nazareth und nahm die Schuld der Menschheit auf sich, um uns mit Gott zu versöhnen.

Die Weisen schenkten sich mit ihren Gaben selbst. Sie stellten sich in den Dienst des Königs, Gottes, des Sohnes, der am Kreuz für sie gestorben ist. Sind wir beim Tross der Weisen dabei? Sind wir neugierig darauf, was Gott uns zeigen will? Sind wir uns bewusst, nicht schon alles zu wissen? Und schenken wir uns Jesus an diesem Weihnachtsfest? Dann sollten wir nicht nur unseren 5€-Schein nachher in die Kollekte werfen, sondern die Kollekten-Einsammler bitten, den Korb auf den Boden zu stellen, damit wir uns selbst hineinlegen können. Gott wird Großes mit uns und an uns tun, wenn wir ihm unser Leben selbst geben.
 

"Mit Maria will ich sinnen, ganz verschwiegen und tief innen über dem Geheimnis zart, Gott im Fleisch geoffenbart."

Maria verabschiedet die Hirten. Sie gehen zurück in ihren Alltag als Pastoren und verkünden Jesus. Sie selbst denkt über die Worte der Hirten nach. Die Worte sind nicht nur in ihrem Kopf, sondern in ihrem Herzen. Sie bewegt sie hin und her. Dabei entfaltet die Botschaft Wirkung und verändert.

Maria ist immer wieder an diesen Worten angeeckt. Sie verstand nicht, warum Jesus als 12-Jähriger lieber im Tempel war als bei der Familie. Sie war empört, als Jesus sein Elternhaus verließ und seinen Pflichten ihr gegenüber als Erstgeborener nicht nachkam. Sie wollte ihn von seiner Mission zurückgewinnen. In diesen Situationen werden die Worte der Hirten in ihr hochgekommen sein. Auch wenn Maria sich dagegen gewehrt haben mag, haben die Worte sie nie losgelassen. So ist sie durch Auseinandersetzungen hindurch bei Jesus geblieben, am Kreuz und in der ersten Gemeinde. 

Die Worte der Hirten können auch uns in unserem Herzen bewegen. Es wird immer Situationen geben, in denen wir diese Worte nicht mit unserer Realität in Einklang bringen können. Doch sie haben Kraft und halten uns fest. Jesus ist für uns geboren, das hält uns und hilft, den Blick über das eigene Chaos zu Jesus zu heben.
 

"Mit dir selber, mein Befreier, will ich halten Weihnachtsfeier; komm, ach komm ins Herz hinein, lass es deine Krippe sein."

Weihnachten fragt nach Antwort. Zu Gottes Ja in Jesus kommt mein Ja. Im Dauerlauf möchte ich die Chance dieses Tages ergreifen und zu Jesus kommen, ihm bekennen, wie es um mich steht, um von ihm die Weihnachtspredigt gehalten zu bekommen: "Fürchte dich nicht!"

Jesus in meinem Herzen lässt mich froh werden, ihm die Ehre geben und aus seinem Frieden den Frieden in der Welt voranbringen. Als Ergriffene darf ich zurück in den Alltag gehen - verändert wie alle, die in Bethlehem live dabei waren.

Und was folgt bei mir auf Weihnachten 2005? Welchen Weg gehe ich mit Jesus im Herzen?
 

Mit den Hirten will ich gehen, meinen Heiland zu besehen, meinen lieben heil´gen Christ, der für mich geboren ist.
Mit den Engeln will ich singen, Gott zur Ehre soll es klingen, von dem Frieden, den er gibt, jedem Herzen, das ihn liebt.
Mit den Weisen will ich geben, was ich Höchstes hab im Leben, geb zu seligem Gewinn, ihm das Leben selber hin.
Mit Maria will ich sinnen, ganz verschwiegen und tief innen über dem Geheimnis zart, Gott im Fleisch geoffenbart.
Mit dir selber, mein Befreier, will ich halten Weihnachtsfeier; komm, ach komm ins Herz hinein, lass es deine Krippe sein. (Emil Quandt)

Cornelia Trick


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