|
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Unterhalten wir uns über unser Leben, geht es auch darum, wer bei unserem Lebensauto auf dem Fahrersitz sitzt. Als Christen sind wir davon überzeugt, dass wir Jesus den Fahrersitz abgegeben haben. Wir vertrauen darauf, dass er uns leitet und führt, mit uns die richtigen Wege einschlägt, rechtzeitig eingreift, bevor wir zu Schaden kommen und dafür einsteht, dass wir das Lebensziel erreichen. Natürlich haben wir Mitspracherecht. Jesus will nicht gegen unseren Willen unser Lebensauto durch den Verkehr steuern. Wir können ihm Routen nennen und mit ihm bis zur Erschöpfung diskutieren, ob unser Weg nicht der bessere ist. Doch im Zweifelsfall, auf der Kreuzung selbst, sind wir froh, dass er entscheidet und in die richtige Richtung lenkt. Hier zeigt sich auch gleich ein Problem. Christen zu allen Zeiten standen und stehen in der Versuchung, Jesus den Beifahrersitz ihres Lebens zuzuweisen und selbst die Fahrerseite zu beanspruchen. Oft kommt dabei eine Lebensführung heraus, wie sie sich Gott nicht vorgestellt hat. Paulus schrieb einen Brief an die Christen der Landschaft Galatien, die in Unruhe gekommen waren. Die heidenchristliche Gemeinde wurden von Christen, die von Geburt an Juden waren, aufgefordert, das jüdische Ritualgesetz zu befolgen, sich beschneiden zu lassen und jüdische Speisegebote zu befolgen. Nur so, meinten die Judenchristen, könnten Heidenchristen wahre Nachfolger Jesu sein. Damit war die Abendmahlsgemeinschaft zerbrochen. Judenchristen wollten nicht mit „unreinen“ Heidenchristen am Tisch des Herrn Gemeinschaft haben. Paulus setzte dem entgegen, dass mit dem Glauben an Jesus Christus und der Taufe auf den dreieinigen Gott das jüdische Ritualgesetz von Jesus abgelöst wurde. Nicht mehr das Gesetz bestimmte über das Leben, sondern Jesus war auf der Fahrerseite des Lebensautos. Er allein genügte und führte das Lebensauto. Galater 2,16 Paulus warnt die Galater davor, Jesus nur auf den Beifahrersitz zu verbannen. Sie behalten dadurch ihre ursprüngliche Lebensweise bei. Was Jesus gesagt hat, ist nur nachgeordnet. Diese Haltung wirkt sich aus. Paulus bescheinigt den Galatern im Folgenden, dass sie zu alten Versagensängsten zurückkehren, sich alles um ihr eigenes Wohlbefinden dreht und sie sich überheblich über andere Christen hinwegsetzen. (so z.B. Galater 4,10; 5,15; 6,3) Ein von Gott bewegtes Leben sieht anders aus. Bis heute bleibt dieses Thema aktuell. Was bedeutet es, Christ zu sein? Jesus in das Leben aufzunehmen, ihm zu vertrauen, aber doch alles beim Alten lassen? Als Kind spielte ich gerne mit sogenannten Anziehpuppen aus Papier. Man konnte einem Papp-Model Kleider aus Papier überhängen. Die Puppe veränderte sich je nach Kleidungsstück, aber blieb doch im Kern dieselbe. Die Kleider ließen sie nur anders aussehen. Sind wir Christen nicht oft wie Anziehpuppen, wir wechseln die Kleider, bleiben aber im Kern unverändert? Symptome sind Ängste um mich selbst, Sorgen um die Zukunft, Bitterkeit wegen verpasster Lebenschancen, Unversöhnlichkeit gegenüber Menschen, die mir etwas angetan haben oder anders sind als ich, Verliebtheit in mich selbst und das Gegenteil dessen, Misstrauen gegenüber jedem, der mir Liebe entgegenbringt. Wer Jesus wie ein Puppenkleid übergestreift, ihn auf dem Beifahrersitz seines Lebens festgeschnallt hat, kann jeden Tag in der Bibel lesen, regelmäßig beten, in christliche Gruppen gehen, es wird ihn nicht verändern, denn im Zweifelsfall hat der Fahrer des Lebensautos das Sagen, und das bin ICH. Wie kann nun Jesus in unser Herz kommen? Paulus sagte, allein Jesus genügt. Die anderen Autoritäten, die in uns wohnen und uns vorgeben wollen, wohin die Reise geht, gilt es, vom Fahrersitz zu vertreiben. Dazu vier Anregungen: 1 Leben im Rhythmus Gottes Solche Ruheoasen sind 52 Sonntage im Jahr. Nur wenige von uns müssen regelmäßig sonntags arbeiten. Alle anderen dürfen sich diese Zeit nehmen, um auszuruhen, zu hören und zuzuhören. Auch der Feierabend, an dem wir bewusst beschließen müssen, unseren Laptop zu schließen, unser Handy zu ignorieren und auch dem Gedanken, was wir gerade noch abarbeiten könnten, nicht nachzugeben. Kein Mensch und schon gar nicht Gott verlangt von uns, dass wir Tag und Nacht durcharbeiten. Auch die gemeinsamen Mahlzeiten mit Menschen, die wir lieben und denen wir vertrauen, sind solche Oasen. Wir haben beim Essen keine Tagesordnung auf dem Tisch liegen, müssen nichts abarbeiten, möglichst keine Konflikte regeln, sondern können einfach da sein, das Essen genießen, einander in die Augen schauen, den Akku der Liebe auftanken und eine neue Sicht aufs Leben gewinnen. Jesus wird an dieser Tischgemeinschaft teilnehmen und uns das Brot brechen. Auch das Schlafen ist ein wichtiger Punkt. Wären wir nicht auf Schlafen angewiesen, wäre es sicher schon abgeschafft worden. Es ist einfach eine absolut unproduktive Tätigkeit, noch nicht einmal Strom lässt sich aus dem Schlafen gewinnen. Aber Gott hat uns Schlaf verordnet, um uns jeden Tag neu die Möglichkeit zu geben, unseren Rhythmus wieder zu finden. Der Schlaf sollte uns auf Null setzen und am nächsten Tag für neue Kraft sorgen. Doch wie gehen wir mit diesem Schlafbedürfnis um? Wir machen die Nacht zum Tag und kürzen ihn morgens ab, um noch mehr Zeit zum Arbeiten zu haben. Kein Wunder, dass wir den vergangenen Tag als Last in den nächsten schleppen, uns mit Kaffee am Leben halten und keine positiven Gedanken mehr hervorbringen können. Es fehlt uns die Ruhe der Nacht. Wenn der Körper aus
dem Tritt gerät, folgt Seele und Herz nach. Jesus ist nicht mehr auf
dem Fahrersitz, er sitzt längst auf der Rückbank oder im Kofferraum.
Zwar hören wir seine Stimme wie von Weitem: „Hab keine Angst, ich
bin bei dir“, aber sie hat keine Bedeutung. Denn es fährt längst
die Angst, es nicht zu schaffen, nicht zu genügen, nicht geliebt zu
sein. Und diese Angst treibt uns an, lässt Sonntage zu Alltagen werden,
vermiest uns die gemeinsamen Mahlzeiten und raubt uns den Schlaf.
2 Leben in Beziehungen, die von Vertrauen geprägt sind 3 Wagnisse eingehen, weil Vertrauen wächst Wir stehen meistens nicht auf 10-m-Türmen, sondern vor anderen Herausforderungen. Die Angst vor dem tiefen Fall kann uns lähmen. Wir verweigern und bleiben persönlich stehen. Solange wir nicht springen, werden wir nie erfahren, ob Jesus wirklich recht hatte, als er uns zusagte, uns hindurch zu führen. Solange wir Jesus nicht fahren lassen, werden wir nicht merken, dass er es bestens macht. Von welchen Türmen hilft er uns springen? Aus festgefahrenen Beziehungen, die eher an Hundezwinger mit bisswütigen Tieren erinnern? Aus Arbeitsverhältnissen, die uns krank machen und zum Zusammenbruch führen? Aus Abhängigkeiten, die uns nur scheinbar glücklich machen? Aus Bequemlichkeiten, die uns einschläfern – oben, auf dem 10-m-Turm? Wie könnte das Leben anders verlaufen, wenn wir Jesus glauben würden, der das Steuer fest in der Hand halten will. 4 Reinigungsstationen aufsuchen Martin Luther beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit diesem Thema. Wer sitzt auf der Fahrerseite? Er suchte nach Jesus statt dem inneren Gesetz, das ihn verdammte. An einem Tag war er besonders angefochten von Zweifeln, ob Jesus ihn halten konnte. Er schrie laut: „Ich bin getauft!“ Das Wissen darum, dass Jesus ihn, Martin Luther, mit hinein genommen hat, in seinen Tod, machte ihn gewiss. Auch er war für die Sünde gestorben. Jesus war nun in seinem Herzen, Jesus führte Martin Luther zu einem neuen Leben – egal wie Martin Luther fühlte. Die Taufe gab ihm Gewissheit. Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben. (Galater 2,20 Luther-Übersetzung) Cornelia
Trick
|